"Der Prinz mit dem Schmollmund" von Anett Diell

Verträumt und hellwach zugleich - eine ungewöhnliche, aber wundervoll gelungene Novelle

Meine Meinung auf einen Blick

⭐⭐⭐⭐⭐ Absolut lesenswert für alle, die sich gern mit dem Thema "Liebe" in all ihren Spielarten befassen und die einmal einen Text in einem gehobenen Sprachstil lesen möchten.

Inhalt

Ein Prinz erwacht in fremder Umgebung und weiß weder wer noch wo er ist. Zunächst Hunger, dann Sehnsucht treiben ihn an, sich auf eine Suche zu begeben, die zu Begegnungen mit Liebenden in allen möglichen "Zustandsformen" führt - und an deren Ziel eine große Überraschung, aber auch ein Happy End der ganz besonderen Art warten.

Wie das Buch auf mich wirkt

Zugegeben, am Anfang war ich gegen das Werk etwas voreingenommen, weil ich schmollende Menschen nicht besonders gut leiden kann. Zum Glück stellt sich nach und nach heraus, dass der Prinz, der durch Annetts Geschichte eilt, lediglich seine Lippen anspitzt, sodass eine Art Schmollmund entsteht, ohne dass dem eine entsprechende Haltung zugrunde liegt. Schwein gehabt.

Das Erstaunliche bei meiner Lektüre: Obwohl mir der Prinz, der immerhin Hauptfigur in dieser ausgesprochen ungewöhnlichen Novelle ist, unsympathisch blieb und ich wenig mit einem Typ wie ihm anfangen konnte, gefiel mir das Buch (oder besser gesagt Büchlein, denn 132 Seiten ergeben keinen Wälzer) großartig!

Es handelt sich hier um einen ganz ungewöhnlichen literarischen Ansatz, der sich mit dem Thema Liebe beschäftigt.

Die Sprache? In den Dialogen durchaus unserer aktuellen Art, uns zu unterhalten, entsprechend. Zwischen den Dialogen hatte ich oftmals das Gefühl, dass ich eine Schriftstellerin vergangener Tage lausche - vielleicht einer Annette von Droste-Hülshoff?

Der Stil dieses modernen Märchens hat phasenweise etwas Essayistisches: Unterschiedliche Facetten und Erscheinungsformen von Liebe und Liebenden werden uns Lesenden vorgeführt, um das Phänomen gründlich zu beleuchten. Das ist teilweise rührend, dann wieder befremdlich bis hin zu komisch. Halt so vielfältig, wie sich Menschen geben, die verliebt oder eben überhaupt nicht verliebt sind.

Besonders interessant: In einer Art von Einblendungen kommt die Autorin selbst zu Wort. Auf das, was sie dabei zu sagen hat, kann man leider im Rahmen einer Besprechung nicht näher eingehen, ohne den Knalleffekt des Buches ganz am Ende zu zerstören. Also schweige ich dazu– aber mühsam!

Der Prinz befindet sich in einem amnestischen Zustand auf der ungerichteten Suche nach etwas, von dem man zunächst nicht weiß, was oder wo es sein könnte. Genau das macht die 312 Seiten erstaunlich spannend! Er ist sich seiner selbst nicht sicher, ja sogar so verwirrt, dass er einen beliebigen Namen erfinden muss, um sich damit anderen vorzustellen. Als Leser wird man in diese Unsicherheiten mit hineingezogen, die sich am Ende aber wundervoll und vollkommen zufriedenstellend in einem restlos ungewöhnlichen Happy End auflösen.

Fazit

Wer die Liebe mag, mit Autoren fühlt und einen Prinzen auf seinem Weg ans Ziel begleiten will, sollte dieses Buch auf keinen Fall versäumen! Volle Punktzahl. ⭐⭐⭐⭐⭐

Wenn es ein Extra-Stern gäbe für einen absolut gelungenen Plot Twist am Ende – diese Novelle hätte ihn verdient!